Retrospektiven
BRDDR
Kino entlang der Mauer 1988–1994
9.11.–3.12.2019
Vielleicht ist das noch getrennte deutsch-deutsche Kino der 1980er-Jahre weit mehr geeint, als es auf den ersten Blick scheint. Auf beiden Seiten schlittert es langsam, aber sicher in veritable Krisen. Blicken wir zunächst auf die BRD, wo die Hoffnungen, die man in den sogenannten Neuen Deutschen Film gesetzt hat, zunehmend verblassen. Fassbinder ist tot, Herzog, Wenders und Schlöndorff arbeiten längst nicht mehr im Lande, Filmemacher wie Kluge oder Reitz finden im risikofreudigeren Medium Fernsehen eine neue Heimat. Jene, die weitermachen, tun dies meist unter der Wahrnehmungsgrenze. Stattdessen feiert »Papas Kino« ein Comeback in neuen (Komödien-)Gewändern, Fernsehstars finden sich plötzlich auf Kinoleinwänden wieder, und ein weiterer Generationenwechsel kündigt sich auf Seiten der FilmemacherInnen an, die sich – mit wechselhaftem Erfolg – an die Gegebenheiten des Marktes anpassen.
Anders die Situation in der DDR. Mit der Öffnung des Filmmarktes für bestimmte Westproduktionen gerät die staatliche DEFA in eine missliche Lage. Um gegen die Filme aus dem Ausland konkurrenzfähig zu bleiben, braucht es Investitionen, die allerdings aufgrund der desolaten wirtschaftlichen Lage nicht getätigt werden können. Seit Gorbatschow seine Umbaupläne in der Sowjetunion vorantreibt, wird die DDR-Führung in Ostberlin zunehmend nervöser. Die Abbildung jener sozialen Verhältnisse und Realitäten, die das Leben in der DDR bestimmen, die kritische Auseinandersetzung, die vielleicht ein gesteigertes öffentliches Interesse an den eigenen Filmen bewirkt hätte, ist unerwünscht und de facto unmöglich, wenngleich gerade Dokumentarfilmer auf die Straße gehen und die Begegnung mit den Menschen suchen.
Entlang dieser Linien bewegt sich der deutsche Film auf beiden Seiten auf den November 1989 und die Wiedervereinigung zu. Und wie man aus der Geschichte weiß, hat der ehemalige Osten auch in Sachen Kino das Nachsehen. Das System DEFA wird »abgewickelt«, das Studio Babelsberg zunächst an einen französischen Konzern verkauft. Filmemacher wie Heiner Carow, Siegfried Kühn oder das Duo Walter Heynowski/Gerhard Scheumann wollen oder können im Kino ihrer neuen Heimat keinen Platz finden. Angesichts dieses Zusammenwachsens zweier »Partner« überrascht es vielleicht gar nicht so sehr, dass ausgerechnet das Genre der Beziehungskomödie in diesen Jahren einen kleinen Boom erfährt, während ansonsten – bis auf wenige Ausnahmen – künstlerisch wie kommerziell Stagnation herrscht. Viele sagen: bis heute. (Florian Widegger)