Retrospektiven
Oskar Werner
Seine Filme
12.5.–22.6.2022
Als Als Oskar Werner im Alter von 25 Jahren die Rolle des labilen, im Nationalsozialismus Halt suchenden Hermann in Karl Hartls DER ENGEL MIT DER POSAUNE übernimmt, ist der weitere Weg vorgezeichnet: Mit dem Kassenschlager wird er einem größeren Publikum bekannt. 1948 und zwei Filme später spielt er in RUF AUS DEM ÄTHER bereits die Hauptrolle. Sein virtuoses Können, sein charismatisches Aussehen und das besondere Timbre seiner Stimme machen den Jungschauspieler zum gefragten Ausnahmetalent.
Dabei sieht sich Werner künstlerisch eher im Theater als vor der Kamera und hält sich an ein Credo Max Reinhardts, dass dem Schauspieler die Bühne gehört. Der Film hingegen, so Werner, gehöre dem Regisseur. 1950 folgt mit DECISION BEFORE DAWN unter der Regie von Anatole Litvak das subtile Porträt eines zweifelnden Wehrmachtssoldaten, und Werners Talent wird auch in Hollywood wahrgenommen. Doch weitere Angebote lehnt er ab, da man mit ihm »Filme machen will, als wenn ich im Drugstore entdeckt worden wäre! Da sagte ich: Schauen Sie, mit Mickey-Mouse und Rin-Tin-Tin kann man auch Filme machen, die waren auch Movie-Stars, aber die können nicht Shakespeare spielen.«
Die Bestsellerverfilmung SHIP OF FOOLS markiert 1964 schließlich Werners endgültigen Durchbruch in Hollywood, der sich nicht zuletzt dank Stanley Kramer als erfolgreich erweist. Werner über ihre wertschätzende Zusammenarbeit: »The producer and the artist in him is very much in balance, and the producer never wins.« Jedoch sollte dieser Idealzustand eine Ausnahme bleiben, die anschließenden Produktionen sind von Auseinandersetzungen geprägt und der Schauspieler empfindet Ende der 1960er-Jahre in den USA eine künstlerische Stagnation. Da er sich zeitgenössischen Filmen verschließt – Regisseure wie Rainer Maria Fassbinder sind ihm ein Gräuel – folgt auf die Stagnation die Isolation, und Mitte der 1970er-Jahre endet Werners Filmkarriere.
»Mein Gott sind Sie hinreißend in JULES ET JIM – Sie waren alles!« Was nicht nur Romy Schneider begeistert, ist Werners absolute Hingabe an seine Rollen, sein kompromissloser Anspruch auch an sich selbst, die geistige und moralische Haltung, die er in seine Figuren legt. Ob benannter Jules, Hermann Alt, Karl Maurer alias Happy, Hauptmann Wüst, Leutnant Zeno, Judas Ischariot, Dr. Schumann oder Agent Fiedler – sie alle sind Ausdruck von Oskar Werners großer Kunst, die noch Jahrzehnte nach seinem Tod maßlos berührt, fasziniert und in kinematografischen Sternstunden weiterlebt. (Raimund Fritz)