Ausstellung
 

Cinema Live!

Frühes Kino handgekurbelt

19.3.–26.3.2020

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Aufgestellt im Verborgenen, feuersicher abgeschottet, mit Panikschaltern ausgerüstet, ist er auch heute noch das Herz jedes Kinos: der Filmprojektor. Seine Entwicklung hat vom stummen Schwarz-Weiß-Film über die Pracht der Viragen und Kolorierungen zum lippensynchronen Tonfilm geführt, den Naturfarbenfilm etabliert und mit Cinemascope, 3D und Digitalisation immer wieder die Simulation der Wirklichkeit perfektioniert. In Cinema Live! wird die Maschinerie zum Akteur: Aufgestellt im Zuschauerraum, werden mit einem historischen Kinoprojektor aus dem Jahr 1909, originalem Bogenlicht und glühenden Widerständen vier Programme des frühen Kinos in ihrer authentischen Grandeur gezeigt. Historische Technik wird dabei sinnlich vermittelt.

 

Die Filmvorführungen mit historischem Handkurbelprojektor finden mit Einführung und Anleitung von Nikolaus Wostry und Anna Dobringer statt.


Cinema Live! Frühes Kino handgekurbelt

Interaktive Filmvorführungen mit historischem Handkurbelprojektor vom 19. bis 26. März 2020

Kurator_Innen

Nikolaus Wostry, Anna Dobringer

Ticketreservierung

reservierung@filmarchiv.at
+43 1 512 18 03 (täglich 14:00–21:00)

Veranstaltungsort

METRO Kinokulturhaus
Johannesgasse 4, 1010 Wien
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1909 brachte die Heinrich Ernemann AG in Dresden mit dem Imperator einen neuen Filmprojektor heraus, der – ganz in der Idiomatik des Imperialismus – antrat, den Weltmarkt zu erobern. Fast ein Vierteljahrhundert lang wurde er gebaut und setzte mit einem äußerst ökonomischen Filmlauf, einem in Öl eingekapselten Malteserkreuz und seinen Feuerschutzeinrichtungen neue Standards. In Wien gehörte er zu den verbreitetsten Projektoren und wurde nach 1930, nun ausgestattet mit Tongeräten, noch bis in die 1960er-Jahre eingesetzt.

 

Im Rahmen dieser »Kinowerkstatt« wird dem Publikum die Möglichkeit geboten, anhand von aufgeschnittenen Funktionsmodellen die wichtigsten Bauteile des Imperators zu verstehen, aber auch Filme selbst einzulegen, das Zünden und Einbrennen der Kohlebogenlampe zu beobachten und einiges mehr. Jedem der vier Programme ist einer der Wiener Lumière-Filme aus dem Jahr 1896 vorgespannt, bei dem die Blende des Projektors auf das authentische optische System des Cinématographe umgestellt wird, um dessen herausragende Qualität, aber auch dessen typisches Flimmern zu demonstrieren und im Anschluss daran die vorbildliche Lösung des Imperators mit seiner zentrisch-symmetrischen Dreisektorenblende zu veranschaulichen.

 

Das Programm des Kinos der Frühzeit war – dem heutigen Bilderkonsum nicht unähnlich – auf unmittelbare optische Reize ausgelegt. Mit einer geschickt kontrastierenden Abfolge von Kurz- und Kürzestfilmen entfesselte es ein Feuerwerk an Attraktionen. In Naturbildern wie in EINE FAHRT DURCH WIEN wurde die Kamera etwa auf Straßenbahnen montiert, oder gar auf ein Floß, um die BLITZFAHRTEN AUF DEM OZU FLUSS im fernen Japan mit delirierenden Viragen und Tonungen nahezubringen. Abenteuer wie EIN DRAMA IN DEN WOLKEN fanden im Zeitraffer in gerade einmal drei Minuten statt, gefolgt von Burlesken, deren emanzipatorische Subversivität wie in DIE VERHÄNGNISVOLLE WIRKUNG oder DAS ERBE DES DIENSTMÄDCHENS gegen geheiligte Institutionen des bürgerlichen Lebens anging, und schließlich erotischen »Herrenfilmen«, die die Moral schlechthin provozierten. Von der Zensur noch kaum gehemmt, wandte sich dieses Kino an ein proletarisches, unterprivilegiertes Publikum und ließ emanzipatorische Verheißungen mitschwingen. In seinem anarchischen Aufbegehren ist es auch heute noch in all seiner Frische erlebbar.

 

Sämtliche Filme liegen in ihren historischen, deutsch getitelten österreichischen Verleihfassungen vor und stammen aus den Beständen des Filmarchiv Austria, einer der auch international bedeutendsten Sammlungen zum frühen Film. (Nikolaus Wostry)

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