Retrospektiven
Albert Quendler
Der sanfte Moderne
18.2.–27.2.2022
Albert Quendler wird 1921 in Fellach in Kärnten geboren. Als der Zweite Weltkrieg beginnt, beendet er gerade seine schulische Ausbildung, es folgt der Ruf an die Front. Nach einer schweren Verwundung wird er 1942 aus dem Kriegsdienst entlassen und beginnt im Oktober ein Studium an der Universität Wien. Dabei gilt sein Hauptinteresse von Anfang an dem Medium Film und seinen Möglichkeiten, insbesondere in Verbindung mit der Gestalttheorie, also der Frage nach der Entstehung von Ordnung in Wahrnehmung, Denken und Verhalten, worüber er auch seine Dissertation 1948 verfasst. Schon fünf Jahre zuvor beginnt er im Dramaturgie-Büro der Wien-Film erste Erfahrungen als Autor zu sammeln, die er zu dieser Zeit intensiviert.
Ab März 1949 ist Quendler als Drehbuchautor, Regisseur und Leiter der Kultur-, Lehr- und Werbefilmabteilung der Schönbrunn-Film beschäftigt. Dort entstehen erste kurze Arbeiten, die sich vor allem mit dem Wiederaufbau Österreichs beschäftigen und die Errungenschaften der Sozialistischen Partei anpreisen. Mit seiner politischen Gesinnung hält Quendler nicht hinterm Berg, was auch in seinen Filmen über Wien, die wie kleine Liebesbekundungen anmuten, klar zum Ausdruck kommt. Sie wird allerdings nicht durch Plattitüden transportiert, sondern – wie etwa in SYMPHONIE WIEN, seinem ersten abendfüllenden Werk – unter Einsatz sämtlicher zur Verfügung stehenden künstlerischen Kapazitäten und Ausdrucksmöglichkeiten: An vielen dieser Arbeiten sind befreundete Schriftsteller, Künstler und Komponisten wie Franz Theodor Csokor, Josef Mikl oder Hanns Jelinek beteiligt. Nach der Uraufführung von SYMPHONIE WIEN auf den Filmfestspielen in Berlin 1952 gründet Quendler zwar seine eigene Produktionsfirma, arbeitet aber noch einige Zeit bei der Austria Wochenschau.
1954 begleitet er eine Expedition nach Kamerun, wo sein Hybrid aus Spiel- und Dokumentarfilm OMARU entsteht, der ebenfalls eine glänzende Festivalkarriere hinlegt und Quendler zu einem der Namen im österreichischen Kino der 1950er-Jahre macht. Für die Weltausstellung 1958 in Brüssel dreht er einen Beitragsfilm, im Auftrag der Südafrikanischen Union entsteht 1960 ein weiterer. Immer wieder streicht er darin Völkerverbindendes heraus, beschwört die Utopie von der internationalen Solidargemeinschaft. Mit Beginn seiner Professur werden seine Arbeiten weniger, ERINNERUNG – EIN FILM MIT OSKAR KOKOSCHKA, entstanden in jahrelanger Kleinarbeit, zeugt als ein ungewöhnlicher – weil reduziert und sehr persönlich – und doch »typischer Quendler« noch ein letztes Mal von der Sensibilität und vom Weitblick seines Schöpfers. (Florian Widegger)