Retrospektiven
Erika Pluhar
Werkschau zum 85. Geburtstag
28.2.–10.4.2024
Wahrscheinlich war es ironisch gemeint, als Erika Pluhar bei einer unserer Vorbesprechungen zum Programm den Titel des gleichnamigen Films auch als Motto für die Retrospektive vorschlägt. Ein Blick in ihren Terminkalender offenbart: Mit 85 Jahren ist sie weit von einem »Ende« entfernt, sondern gefragter denn je. Und das Publikum dankt es ihr. Die Bühne ist ihr Element, ob sie nun darauf spielt, spricht, singt oder alles auf einmal, und die Energie, die Erika Pluhar dabei nach wie vor versprüht, wirkt genauso ansteckend wie ihre wachen Gedanken und ihre klare Haltung.
Dass ihr das Leben neben all den Erfolgen mit großen Schicksalsschlägen gehörig »eingeschenkt« hat, ist hinlänglich bekannt. Bewundernswert ist, wie Erika Pluhar daraus eine ganz eigene Kraft gezogen hat, auch für ihre künstlerische Arbeit. Wer ihre eigenen Filme gesehen hat – MARMORTISCHE (die Aufarbeitung ihrer Ehe mit André Heller), ROSALINAS HAUS (die Geschichte eines Rückzugs vom Rückzug) oder LAGUNA (in dem sie Schönheitsideale hinterfragt, denen sie selbst einst glaubte, nacheifern zu müssen) –, dem zeigt sich die Pluhar, ebenso wie in ihren Romanen, als eine Frau, die mit enormer Offenheit von ihren Erfahrungen und Verletzungen erzählt.
1939 geboren, erlebt sie die Nachkriegsjahre als eine Zeit des Aufbaus. Früh wächst in ihr der Wunsch, Schauspielerin zu werden, und zielstrebig macht sie ihre Berufung zum Beruf. Senta Berger, Gertraud Jesserer und Marisa Mell – diese Freundschaft wird sie Jahre später in einem ihrer ersten Romane reflektieren – befinden sich in ihrem Jahrgang am Max Reinhardt Seminar. Obwohl die äußerst cinephile Künstlerin einen guten Film mehr als einen Abend im Theater schätzt, dauert es, bis sie auch fürs Kino entdeckt wird: MOOS AUF DEN STEINEN (1968) ist in der heimischen Filmlandschaft ein Lichtblick und wird zum Ausgangspunkt für den Neuen Österreichischen Film. Im selben Jahr wird sie in Helmut Käutners Fernseh-Zweiteiler BEL AMI auch einem breiten Publikum in der BRD bekannt.
Was folgt, kann im Rahmen dieser Rückschau gesehen und erlebt werden. Ob auf der Bühne, vor oder hinter der Kamera – Erika Pluhar hat sich emanzipiert und ist von der Schauspielerin zur »Selbst-Darstellerin« im besten Wortsinn geworden: »Lieber auf gutem Fuß mit mir selbst, als auf der Jagd nach guter Meinung über mich. Lieber mich selbst ermächtigen, als Machtinstrument für etwas anderes zu werden.« In diesem Sinne: Auf viele Jahre – und Neuanfänge! (Florian Widegger)