Retrospektiven
Erni Mangold
Zum 95. Geburtstag
20.1.–2.2.2022
1927 als Ernestine Goldmann geboren, zieht es Erni Mangold bereits früh auf die Bühne. In Wien ist sie ab 1946 am Theater in der Josefstadt engagiert und steht kurz darauf schon vor der Kamera. Ihren ersten Filmauftritten wohnt etwas Verruchtes, vielleicht sogar Laszives inne: Als Sekretärin des Gestapo-Chefs Latheit weiß sie in DAS ANDERE LEBEN nicht nur ihren Vorgesetzten um den Finger zu wickeln, gibt in FIAKERMILLI in einer kurzen, aber memorablen Gesangsszene den Vamp. Vielleicht hallt in diesen Rollen auch ein wenig von ihrem eigenen, unangepassten Lebenswandel dieser Tage wider, in denen sie gemeinsam mit Helmut Qualtinger, Michael Kehlmann, Ernst Haas und anderen Gleichgesinnten Wien bei Nacht unsicher macht. Ganz sicher sind es auch Projektionen der männlich dominierten Filmwirtschaft, die Mangold – und viele Kolleginnen – in bestimmten Posen sehen und ein Nein nicht akzeptieren wollte.
Mitte der 1950er-Jahre verlässt sie Wien Richtung Hamburg, wo sie unter Gustav Gründgens am Schauspielhaus auftritt. In den 60ern konzentriert sie sich nahezu vollständig auf das Theater, Filmauftritte sind eher selten, etwa in Fassbinders Fernsehfilm ICH WILL DOCH NUR, DASS IHR MICH LIEBT. Wichtig für Mangolds Filmkarriere wird die Begegnung mit Peter Patzak. Mit ihm dreht sie nicht nur zwei KOTTAN-Folgen, von denen eine (legendäre) im Rahmen dieser Retro zu sehen ist, er verschafft ihr auch die erste Hauptrolle in einem Spielfilm: DIE WELTMASCHINE. Wie Erni Mangold hier durch die New Yorker Straßen zieht, in einem träumerischen Moment am Hudson River rastet, während die Sonne tief am Himmel steht, später in Ruhe eine Zigarette raucht – wunderbare Momente, in denen der Film plötzlich weit über sich hinauswächst.
Film- und Fernsehrollen sind im Verhältnis zu ihrer Arbeit auf und abseits der Bühne (etwa als Schauspiellehrerin) jedoch weiterhin rar. Es scheint, als habe sie dieses Metier erst Anfang des Jahrtausends für sich erobert (oder umgekehrt). Egal, ob massentaugliche Unterhaltung oder ambitionierte Kleinprojekte, für die sie sich immer wieder gewinnen lässt: Mit ihrem trockenen Humor, ihrer unverblümten Direktheit und ihrer fast schon kindlichen Furchtlosigkeit drückt sie den Rollen ihren unverkennbaren Stempel auf. Und sie wird genau dafür geliebt. Elfriede Jelinek bringt es auf den Punkt: »Eine unglaublich schöne Schauspielerin, nicht mehr, aber weniger eben auch nicht, eine, die einfach spielt, weil sie das will und genauso will, wie es halt sein muss.« (Florian Widegger)