Retrospektiven
Maria Hofstätter
Die Unvorhersehbare
17.1.–5.2.2025
Anmeldung erforderlich unter reservierung@filmarchiv.at
»Ist das denn wirklich notwendig?« Maria Hofstätters erste Reaktion, als ich ihr am Telefon von der Idee einer Retrospektive erzähle, fällt unerwartet aus. Wobei – genau genommen natürlich nicht: Wer sie ein bisschen kennt, weiß, dass die Schauspielerin die Öffentlichkeit von sich aus nicht sucht. Das Rampenlicht schätzt sie auf der Bühne, die Scheinwerfer braucht sie maximal auf einem Filmset. Sie ist keine, die sich in den Vordergrund drängt oder die gar ihr Privatleben nach außen trägt. Stattdessen: eine akribische Arbeiterin, die sich auf ihre eigenen Figuren unheimlich intensiv vorbereitet. Für IMPORT EXPORT geht sie drei Monate lang als Pflegerin in die Geriatrie, für PARADIES: GLAUBE über den Zeitraum von sechs Jahren immer wieder mit einer Wandermuttergottes missionieren. Ihre uneitle Hilfsbereitschaft, mit der sie stets den Film als Ganzes im Blick hat, wird von ihren Kolleg:innen geschätzt. Während des Drehs zu DES TEUFELS BAD coacht sie David Scheids oberösterreichischen Dialekt, richtet mit Anja Plaschg die Küche ein und macht inhaltliche Vorschläge, um die Authentizität des Bauernlebens zu steigern. Das kennt sie schließlich von Kindesbeinen an.
Aufgewachsen auf einem Hof in der Nähe von Linz, in einem streng katholischen, aber auch antifaschistischen Umfeld, beginnt sie zwar bereits in ihrer Zeit am Gymnasium Kabarett zu machen, geht dann aber nach Wien, um Zeitgeschichte zu studieren. Statt der Diplomarbeit kehrt sie wieder zurück auf die Bühne, gründet 1995 mit dem Schauspieler Dietmar Nigsch das Projekttheater Vorarlberg. Bestimmend für ihre Filmkarriere wird jedoch die Zusammenarbeit mit Ulrich Seidl: Zum ersten Mal steht sie als Nachbarin des Karikaturisten Gerhard Haderer vor seiner Kamera, in HUNDSTAGE ist sie die berüchtigte Autostopperin Anna, in IMPORT EXPORT die bittere Krankenschwester Maria, in PARADIES: GLAUBE die erzkatholische Anna Maria – Figuren, die sie sich über einen langen Zeitraum zu eigen machen und in denen sie sich ausprobieren kann.
»Mich interessiert grundsätzlich der Mensch, mit all seinen Verhaltensweisen und Beweggründen.« Auch abseits des Seidl-Kosmos hat Maria Hofstätter längst reüssiert. Der scheinbare Widerspruch zwischen kommerziellen Ensemblestücken, gesellschaftskritischen Milieustudien und spröden Arthouse-Filmen löst sich in ihren Rollen auf, die sie stets fernab vom Klischee und immer unvorhersehbar gestaltet. Von den unzähligen Auszeichnungen, die sie dafür erhalten hat, muss man an dieser Stelle nicht auch noch reden. Müsste man also die zehn besten und beliebtesten österreichischen Schauspielerinnen aufzählen, Maria Hofstätter wäre mit Sicherheit darunter. Von daher: Ja, es ist notwendig! (Florian Widegger)