Retrospektiven
Willi Forst
und der Wiener Film
Online 15.1.–4.3.2021
»Die Liebe ist wie ein Tonfilm« … So lautet einer der bekanntesten Schlager, den Willi Forst 1930 in Géza von Bolvárys DAS LIED IST AUS zum Besten gibt. Da ist der schlanke, hochgewachsene Herzensbrecher bereits ein Star. 1903 in Wien als Wilhelm Anton Frohs geboren, sammelt er schon früh Bühnenerfahrung und steht zum ersten Mal in Michael Kertesz’ Monumentalfilm SODOM UND GOMORRHA (1922) als Statist vor der Kamera. Von da an geht es steil bergauf: Fünf Jahre später spielt er an der Seite des zukünftigen »Blauen Engels« Marlene Dietrich in CAFÉ ELEKTRIC eine Hauptrolle, parallel verfolgt er seine Karriere an den renommiertesten Theatern zwischen Wien und Berlin.
Sein Gesangstalent trägt mit Sicherheit zum Erfolg im Tonfilm bei. Forst wird zum Star des Wiener Films, den er perfektioniert. Während in Nazi-Deutschland das einst so hohe Niveau der Komödien immer tiefer sinkt, erreicht es mit Forst und seinen ersten Regiearbeiten LEISE FLEHEN MEINE LIEDER, MASKERADE und BURGTHEATER neue Höhen. In gewisser Weise etabliert er damit jene Formel(n), die die kommerzielle österreichische Filmproduktion in den folgenden Jahrzehnten bestimmen wird: Rückbesinnung auf die glorreiche Vergangenheit, eingebettet in ein weitgehend konservatives Wertesystem, trotzdem voller augenzwinkernder Ironie und sich dabei immer im Dreivierteltakt drehend.
Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen muss Forst, der ab 1936 seine eigene Filmgesellschaft leitet, die Verfolgung durch die Nationalsozialisten nicht fürchten. Stattdessen versucht er, Politisches von seinen Filmen fernzuhalten und sich nicht für Propagandazwecke missbrauchen zu lassen. Nach dem Krieg erklärt er, die Wien-Lastigkeit seiner Produktionen sei als Protest gegen die Besetzung aufzufassen: »Meine österreichischsten Filme machte ich, als Österreich zu existieren aufgehört hatte.«
An seine früheren Erfolge kann er dann nicht mehr anschließen. DIE SÜNDERIN bildet eine Ausnahme: Eine Mini-Nacktszene mit Hildegard Knef, aber viel mehr noch die Thematisierung von Prostitution, Vergewaltigung und Sterbehilfe sorgen für großen Aufruhr in der damals jungen BRD – und locken ein Millionenpublikum in die Lichtspielhäuser. Nachfolger wie KAISERJÄGER oder WIEN, DU STADT MEINER TRÄUME können hier nicht mehr anschließen. Forst resigniert und stirbt 1980 zurückgezogen von der Öffentlichkeit. Sein Stil mag seitdem zwar keine Entsprechung mehr gefunden haben, die Zeiten überdauert hat er allemal. (Florian Widegger)