Retrospective
 

Goran Rebić

Tribute

14.4.–26.4.2023

Dates

Keine aktuellen Termine vorhanden

»Eine Geschichte zu finden, die aus vielen Geschichten besteht, die alle zum Fluss gehören und ständig in Bewegung bleiben« – Goran Rebićs Ansatz für DONAU, DUNAJ, DUNA, DUNAV, DUNAREA steht in gewisser Weise auch für sein Schaffen. Im ehemaligen Jugoslawien geboren, in Wien sozialisiert, vereint er die Geschichte(n) unterschiedlicher Kulturen und Welten, denen er sich faktisch und dokumentarisch, gleichzeitig narrativ und persönlich annähert. Das Teilende und das, was es etwa in Form von Nationalismus und Krieg aus den Menschen macht, vermitteln Rebićs Arbeiten ebenso wie die Sehnsucht und Suche nach dem verbindenden Element, der länderübergreifenden Lebensader. Filme wie vorwärtsgewandte Erinnerungen, die es zu entdecken und festzuhalten gilt.


Goran Rebić

Retrospektive vom 14. bis 26. April 2023

Kurator

Florian Widegger

Ticketreservierung

reservierung@filmarchiv.at
+43 1 512 18 03 (täglich 14:00–21:00)

Spielort

METRO Kinokulturhaus
Johannesgasse 4, 1010 Wien
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1999 bis 2000, die Zeit vom NATO-Bombardement bis zur Millenniumsfeier, zwischen Ende und Beginn. Goran Rebić reist im Jahre Null nach Belgrad und begibt sich mit der Kamera mitten ins tektonische Herz seines zerstörten, zerfallenen Geburtslandes. THE PUNISHMENT wird jedoch keine Opferschau. Es wird schon gar keine Kriegsreportage. Vielmehr hält der Film fest, was sich im medialen Rauschen entzieht, gibt einer getroffenen, gefangenen Generation, die für sich selbst keinen Platz mehr sieht, einen Raum und viele Stimmen. Rebić zeigt das Gesicht eines anderen Serbiens, das Europa nicht sehen will, und ist dabei immer wieder auch selbst im Bild. Er bewegt sich zwischen dem »Wir« und dem »Ihr«, ist auf einer Reise, einer Suche »mit mir«.

 

Die Arbeiten des 1968 in Vršac/Vojvodina im damaligen Jugoslawien geborenen und in Wien aufgewachsenen Filmemachers knüpfen direkt oder indirekt an seine persönliche Geschichte an. Die Themen dagegen sind universell: Herkunft und Heimat, Freiheit und Identität, Krieg und Frieden – mit all den Verwerfungen und dem fatalen Potenzial, aber auch den gerade im Multiethnischen und Künstlerischen gelebten Gegenentwürfen. Rebić vermischt in seiner ganz eigenen Handschrift das Biografische mit dem Dokumentarischen: In GEKOMMEN BIN ICH DER ARBEIT WEGEN über seinen Vater Ratko und dessen Ankunft in Österreich Ende der 1960er-Jahre verhandelt er erstmals filmisch seine Zugehörigkeit und liefert damit auch ein erstes und bis heute einzigartiges Dokument zur Arbeitsmigration. Spürbar nahe am Menschen, interessieren ihn individuelle Transformationen ebenso wie jene ganzer Länder und Gesellschaften. Zu Beginn der 1990er-Jahre beobachtet er in DURING THE MANY YEARS und AM RANDE DER WELT den Aufbruch Georgiens und wie die junge Unabhängigkeit im darauffolgenden Bürgerkrieg implodiert. Kurze Zeit später entzündet sich in Jugoslawien jener Flächenbrand, der sich auch hierzulande in den Köpfen rasch ausbreitet. Für JUGOFILM hebt Rebić die echten Nationalitäten seiner SchauspielerInnen auf und besetzt sie konträr, um »an den Punkt zurückzukehren, an dem alles begonnen hat, vor dem ganzen Wahnsinn.«

 

Zurückgekehrt ist auch er aus seinem »selbstgewählten Exil« in Berlin, wo er sich zehn Jahre lang vor allem einem Filmprojekt widmet: »Francuski« sollte die Geschichte eines Strafgefangenen auf der Insel Sachalin werden, der versucht, zu fliehen. Doch die internationale Koproduktion wird zwischen den Fronten der Finanzierung aufgerieben: russischen Fördergebern ist sie zu kritisch, österreichischen nicht »österreichisch« genug. »Wichtig ist, dass jeder Filmemacher eine Geschichte hat, die er immer mit sich trägt«, zitiert er den georgischen Regisseur Levan Kitia. Und Rebić hat viele solcher Geschichten. »Es scheint, mein Filmemachen verläuft wie eine Kugel, die keine gerade Linie zieht, sondern kreisförmig von Hügel zu Hügel rollt, dabei aber immer mehr an Geschwindigkeit und Kraft für das eigentliche Ziel gewinnt.« »Im Verborgenen« heißt sein aktuelles Projekt, und weitere werden folgen.

 

Rebić sucht seit jeher das Verbindende – in seiner Kunst, in der er die Gegensätzlichkeit seiner Herkunft und Sozialisation verarbeitet, und in den Filmen selbst, in denen es oft einzelne Schicksale sind, die wie in DONAU, DUNA, DUNAJ, DUNAV, DUNAREA im gemeinsamen Boot zu etwas Größerem werden. Als ein fast mythisches, »beseeltes Wesen« zieht sich der Fluss nicht nur durch seine persönliche Landkarte, vielmehr begreift er die Donau als Strom des Lebens, als länderübergreifendes Element und Antithese zur Angst vor dem Osten. Seine Filme sind wie ein Trip zu jenem Kilometer Null im Donaudelta, an dem sich ein völlig neuer An- und Ausblick öffnet. Auch er nähert sich den Dingen von der anderen Seite her, von der Mündung Richtung Quelle. (Silvia Breuss)

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»JUGOFILM funktioniert wie eine Erinnerung – eine Erinnerung, von der ich nicht möchte, dass sie vergessen wird.«

Goran Rebić

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