Retrospective
Helmut Berger
»Take me or leave me«
5.9.–18.10.2023
»Die große Sehnsucht meines Lebens:
Ich will geliebt werden.«
Helmut Berger
»Die große Sehnsucht meines Lebens: Ich will geliebt werden.« Mit diesem Bekenntnis eröffnet Helmut Berger seine knapp wie knackig auf den Punkt zusteuernde Autobiografie Ich, mit der er Ende der 1990er-Jahre durch die deutschen Privatsender tingelt. Die Ansammlung von kurzweiligen Anekdoten und Eskapaden ist in lockerem Plauderton verfasst, aber wenig ergiebig, wenn es um seine Arbeit als Schauspieler geht. Man könnte sagen, Berger gibt dem Publikum das, was es von ihm inzwischen gewöhnt ist: ein Fenster ins Leben der Reichen und Schönen. Als extravagante Diva stilisiert er sich selbst, die Medien nehmen es dankbar an. »Meine privaten Eskapaden mit den betäubenden Exzessen zeigen wohl auch meine Verlorenheit. Die Ausfälle, für die ich verantwortlich bin, genieren mich wirklich.« Im gleichen Atemzug prahlt er jedoch, vielen Nachtclubs mit seinen Zerstörungsorgien ein neues, besseres Interieur verschafft zu haben. Berger at it’s best.
1944 in Bad Ischl geboren, landet er mit 18 Jahren im Swinging London, wo er mit seinen markanten Gesichtszügen und dem stechenden Blick als Fotomodell entdeckt wird und Schauspielunterricht nimmt. Bei einem Italienaufenthalt trifft er auf Luchino Visconti, der ihm nicht nur eine Kleinstrolle verschafft, sondern ihn auch privat fördert. Der Filmemacher wird für ihn zum Idol, zum Ersatzvater und Geliebten, während der junge Mann den Part einer Muse einnimmt. Visconti besetzt Berger in LA CADUTA DEGLI DEI als skrupellosen Emporkömmling, dessen laszive Marlene-Dietrich-Imitation verblüfft sogar das Original. Für den 25-Jährigen wird der Film zum internationalen Durchbruch. Unter Viscontis Regie verkörpert Berger kurz darauf LUDWIG II. und spielt an der Seite Burt Lancasters in GRUPPO DI FAMIGLIA IN UN INTERNO eine recht offensichtliche Version der Beziehung zu seinem Meister durch. Während er in Vittorio De Sicas oscarprämiertem DER GARTEN DER FINZI CONTINI seine stille, nachdenkliche Seite zeigt, offenbart sich in Massimo Dallamanos DORIAN GRAY jener Helmut Berger, der in weiterer Folge auch abseits der Leinwand fortlebt: Der »schönste Mann der Welt« (Vogue), der in seinen Abgründen schwelgt, sein Ende herbeisehnend.
Viscontis Tod 1976 stürzt Berger in eine tiefe Krise, an der er sich bis zu seinem Lebensende abzuarbeiten versucht. Seine Rollen werden zunehmend disparater, seine Auftritte skandalöser – der Lehrmeister scheint seinen Schüler um ein paar Jahre zu früh verlassen zu haben. Die Achterbahnfahrt, die sein Leben ganz gut beschreibt, nimmt jetzt richtig Fahrt auf. Dem Absturz folgen die Neuerfindung und das Comeback. Wieder und wieder. »I am what I am. Take me or leave me.« (Florian Widegger)