Retrospective
In 14 Filmen um die Welt
Tribute to Cinematograph
10.12.2024–8.1.2025
Der Kinematograph steht am Beginn der Filmgeschichte: Ein Apparat, der Kamera, Kopiermaschine und Vorführgerät in einem ist. Eine Technik, die ihr Publikum am Ende des 19. Jahrhunderts in Erstaunen versetzt. Binnen kurzer Zeit tritt sie ihren Siegeszug rund um die Welt an – und macht im Gegenzug bewegte Bilder aus fremden Ländern anderswo zugänglich. Mit Sicherheit spielt dieser Gedanke auch bei der Gründung des Cinematograph in Innsbruck eine gewisse Rolle. Heute bildet er gemeinsam mit dem Leokino wohl den wesentlichen »Nahversorger« in Sachen Arthouse der Tiroler Landeshauptstadt – seine wechselvolle Geschichte reicht jedoch Jahrzehnte zurück. Sie nimmt ihren Anfang in einer Zeit, in der die Stadt kulturpolitisches Brachland ist, mit stockkonservativen Kräften am Ruder. Um ebendiesen Zustand aufzubrechen, gründen studentische Aktivisten Anfang der 1970er-Jahre ein Filmreferat mit dem Ziel, anspruchsvolle Filmkunst nach Innsbruck zu bringen. Bereits die ersten Vorführungen mit Bernhard Wickis DAS FALSCHE GEWICHT und Rudolf Noeltes DAS SCHLOSS erfreuen sich großen Publikumszuspruchs. Kompliziert wird es, als einige Jahre später Nagisa Ôshimas Skandalfilm IM REICH DER SINNE auf dem Programm steht – und nicht nur das Tiroler Lichtspielgesetz, sondern vor allem die noch strengere Landesregierung dem unsittlichen Treiben auf der Leinwand ein Ende macht.
Die Auseinandersetzung mit den Behörden nehmen die jungen Kinomacher sportlich: Kurz nach der Schließung des ersten Cinematographen eröffnen sie eine Not-Spielstätte, 1984 nimmt der Cinematograph in der Museumstraße seinen Betrieb auf, sogar mit leichter Unterstützung durch die öffentliche Hand. Die Erkenntnis, dass viele wichtige Filme noch immer nicht in die österreichischen Kinos kommen und untertitelte Originalfassungen eine Seltenheit darstellen, führt 1989 zur Gründung eines eigenen Filmverleihs, 1992 folgt schließlich die erste Ausgabe des Internationalen Filmfestivals Innsbruck. Seitdem hat der Cinematograph Verleih dafür gesorgt, dass ganz wesentliche Stimmen des Weltkinos hierzulande zu Wort kommen und in Dialog mit ihrem Publikum treten können. Die 14 für diese Schau ausgewählten Arbeiten aus den Jahren 1991 bis 2008 stehen beispielhaft für die große Bandbreite an Geschichten, Themen und Erzählformen, die das Programm des Cinematograph auszeichnet, welches andererseits mit einer sehr klaren, eindeutigen gesellschaftspolitischen Haltung einhergeht, die sich – auch ganz im Bewusstsein der eigenen Vergangenheit – auf der Seite der Außenseiter und Underdogs positioniert. (Florian Widegger)