Retrospective
 

Meilensteine des polnischen Kinos

14.1.–5.2.2025

Anlässlich der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes im ersten Halbjahr 2025 präsentieren wir 13 außergewöhnliche Spielfilme von 13 der renommiertesten und wichtigsten polnischen Regisseur:innen aus den Jahren 1948 bis 1988. In diesen vier Jahrzehnten entwickelte das polnische Kino sein auch international strahlendes Profil, das gekennzeichnet ist von politischer Wachsamkeit, formaler Experimentierfreude und pointierten Gesellschaftsbeobachtungen. Trotz drohender Zensur reflektieren die Filme ihre jeweilige Entstehungszeit, hinterfragen offizielle historische Narrative und stoßen immer wieder Debatten an – auch im Ausland: ein Kino, das widerständig und poetisch zugleich ist.

 

Die Retrospektive findet mit großzügiger Unterstützung des Polnischen Instituts Wien statt.


Meilensteine des polnischen Kinos

Retrospektive vom 14. Jänner bis 5. Februar 2025

Kurator

Florian Widegger

Ticketreservierung

reservierung@filmarchiv.at
+43 1 512 18 03 (täglich 14:00–21:00)

Spielort

METRO Kinokulturhaus
Johannesgasse 4, 1010 Wien
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1948 ist ein Schlüsseljahr in der Geschichte des polnischen Kinos: Mit OSTATNI ETAP erscheint der erste Spielfilm, der das Grauen thematisiert, das sich in den Vernichtungslagern Auschwitz-Birkenau ereignet hat. Gleichzeitig wird in Łódź eine staatliche Filmschule gegründet, die Regisseure und Kameraleute im Sinne einer sozialistischen Kaderschmiede ausbilden sollte, schon bald jedoch eine einflussreiche Generation an jungen Künstler:innen hervorbringt. Geschult am italienischen Neorealismus, finden sie eigene Wege und Ausdrucksformen, die mit den politischen Vorgaben wenig gemeinsam haben. Wichtige Themen sind zunächst die komplexe jüngere Vergangenheit Polens, die Rolle der Widerstandsbewegung und der Warschauer Aufstand im Sommer 1944. Statt kollektiver Heldenverehrung fokussieren Regisseure wie Munk und Wajda auf das Individuum: Indem sie ihre Figuren ausdifferenzieren, sie mit durch und durch menschlichen Eigenschaften (im Guten wie im Schlechten) ausstatten und ihre Geschichten mit ironischen Brechungen kreuzen, gehen sie auf kritische Distanz zur offiziellen Legendenbildung.

 

In den 1960er-Jahren wird vor allem der Einfluss der Nouvelle Vague auf eine jüngere Generation spürbar. Roman Polańskis NÓŻ W WODZIE markiert selbst den Anfang einer Neuen Welle: ein Film in der Gegenwart, der sich selbst auf die Suche nach einer neuen filmischen Sprache begibt und dies in das Aufeinandertreffen eines bürgerlichen Ehepaars mit einem rebellischen Studenten übersetzt. Jerzy Skolimowski geht in BARIERA noch einen Schritt weiter, indem er den Protagonisten (gleichermaßen sein Alter Ego) seines ästhetischen Bilderreigens an den Rand der Gesellschaft bringt. »Existenzialismus statt Sozialismus« lautet die Devise, und die »Rettung« liegt auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs. Krzysztof Zanussi hingegen verhandelt in seinen Filmen wissenschaftliche, philosophische und moralische Fragen und knüpft darin an ein Spannungsfeld an, das ab den 1970er-Jahren das polnische Kino zunehmend umtreibt: Wie möglich oder unmöglich ist ein Leben im Sozialismus?

 

Der unauflösbare Widerspruch zwischen gesellschaftspolitischer Utopie und Realität wird spätestens Anfang der 1980er-Jahre evident, als eine Streikwelle durchs Land rollt. Die Solidarność-Bewegung kämpft für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen – mit der Ausrufung des Kriegsrechts von 1981 bis 1983 und dem Verbot der Gewerkschaft wird sie in den Untergrund gedrängt. Macht- und Umbruchsverhältnisse, die sich auf mannigfaltige Weise auch im Kino ihrer Zeit widerspiegeln. Dennoch: Auch in Polen kommt langsam ein »Wind of Change« auf, der einen weiteren Neuanfang ankündigt. Aber das ist eine andere Geschichte. (Florian Widegger)

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