Retrospective
Peter Patzak
Hommage
19.12.2024–8.1.2025
Als einer, der die »Schubladen gesucht hat, um sie gehörig auf- und ungehörig umzuräumen« wurde Patzak einmal beschrieben: ein Pionier des österreichischen Autorenkinos, der mit den Konventionen spielt, das Gewohnte kritisiert und das Gewöhnliche schätzt. Patzaks Filme stoßen sich am Nebensächlichen, an verzeihlichen Schwächen und unverziehenen Grausamkeiten und scannen die Ränder, von denen es sich bekanntlich besser auf den Teller sehen lässt: »Scherben machen nicht immer glücklich; mögliche Schadenfreude gibt es bei Patzak mit Rückkopplungen inklusive, Widerhaken garantiert« (Kieninger/Tscholl), heißt es im Vorwort zu unserer letzten Retrospektive 2009.
Zum Kino kommt er über erste Gehversuche mit seiner 8-mm-Kamera, in denen er sich mit Malerei, seinem allerersten Steckenpferd, auseinandersetzt. Der Kurzfilm HIS BAG ist schließlich sein Ticket nach New York – und steht am Beginn seiner filmischen Karriere. 1972 folgt eine TV-Dokumentation über JUGENDLICHE und ihre Befindlichkeiten: Plötzlich bricht das echte Leben über die Fernsehzuschauer herein. Mit den ersten darauffolgenden Spielfilmen – trotz ansehnlicher internationaler Besetzung für wenig Geld gedreht – macht er sich weiter einen Namen.
Parallel dazu entsteht in Zusammenarbeit mit dem Autor Helmut Zenker die Figur des Polizeimajors Adolf Kottan, der zu Beginn noch für Proteste aus unterschiedlichsten Reihen sorgt, sich im Lauf der Zeit aber zum Publikumsliebling mausert. Mit KASSBACH (1979), erneut nach einem Stoff von Zenker, legt Patzak ein »ungeheuer präzises Zustandsbild einer dumpfen österreichischen Gesellschaft, die sich mit ihrer düsteren Vergangenheit nur allzu ungern auseinandersetzt und stets in Gefahr ist, den alten autoritären Mustern erneut zu verfallen« (Andreas Ungerböck) vor, das auch im Ausland ein großer Erfolg wird – sogar Martin Scorsese ist Fan.
Während sich in Österreich langsam die Filmförderung etabliert, verlieren Patzaks Filme ab der Mitte der 1980er-Jahre jedoch jene Mischung aus innerer Spannung, Unbedingtheit und Coolness, die die frühen Arbeiten so unverwechselbar machen. Der Wegbereiter des jungen österreichischen Kinos hat schließlich auch als hoch geschätzter Professor und Leiter der Wiener Filmakademie den nachfolgenden Generationen seinen Stempel aufgedrückt – sein wilder, anarchischer Geist lebt damit weiter. (Florian Widegger)