Retrospective
Sissi & Mehr
Filme der Marischka-Dynastie
3.12.2023–16.1.2024
Ticketaktion (siehe Infoleiste)
Ihr Vater war »Vergolder« am Kaiserhof, und auch die Brüder Hubert und Ernst brachten im Laufe ihrer beispiellosen Karriere fast alles zum Glänzen, was sie anfassten. Seine künstlerische Berufung findet Hubert, der eigentlich Tischler werden sollte, mit Anfang 20 zunächst als Sänger und Musiker auf den Theaterbühnen, wo er in Operetten von Millöcker, Lehár und Fall reüssiert. Und bald zeigen sich auch seine Begabungen abseits des Scheinwerferlichts. Anfang der 1920er-Jahre wird er Direktor im Theater an der Wien und stärkt in seinen extrem populären Revuen mit einer Extraportion Wiener Schmäh das angeschlagene Selbstbild des nunmehr kleinen Österreich.
Sein elf Jahre jüngerer Bruder Ernst fühlt sich dagegen mehr zum noch jungen Medium Film hingezogen. Beide sammeln bei Sascha-Gründer Alexander Graf Kolowrat erste Erfahrungen vor und hinter der Kamera. Bereits 1917 entsteht mit der verhältnismäßig düsteren Tragödie UM EIN WEIB! ihre einzige gemeinsame Regiearbeit, in der Hubert auch die Hauptrolle spielt. Den Siegeszug durch die Kinos treten sie jedoch erst mit dem Tonfilm an, der es ihnen ermöglicht, Inszenierung, Unterhaltung und Musik perfekt zu bündeln. Während Hubert insbesondere in den 1930er- und 40er-Jahren Erfolge als Regisseur »unpolitischer« Komödien feiert, ist diese Zeit für Ernst vor allem als Vielschreiber und Drehbuchautor, zum Teil auch für nicht-deutschsprachige Produktionen, herausfordernd.
Berühmte (Künstler-)Persönlichkeiten und verklärte Blicke auf die Zeit der Monarchie – so lässt sich die Rezeptur der bekanntesten Filme Ernst Marischkas aus den 50ern zusammenfassen. Diese Produktionen verdeutlichen auch, wie die unterschiedlichen Räder des Marischka-Werkels ineinandergreifen: Bühnenstoffe werden verfilmt, Verfilmungen werden auf die Bühne gebracht. SISSI zeigt dies auf besonders exemplarische Weise: Das ursprüngliche Theaterstück verwandeln Hubert und Ernst schon in den 30ern in ein Singspiel, verkaufen dann die Filmrechte in die USA (THE KING STEPS OUT). Für seine eigene Verfilmung 1955 muss Ernst wiederum die Rechte von Marie Blank-Eismanns Roman erwerben.
Zu dieser Zeit scharrt mit Georg und Franz Marischka bereits die nächste Generation in den Startlöchern. Während Ersterer vor allem als Charakterdarsteller brilliert, vollbringt Letzterer als Regisseur in späten Jahren so manche Unglaublichkeit. Noch heute stehen Marischkas in dritter Generation vor der Kamera: eine Künstlerfamilie, wie sie im Buche steht. (Florian Widegger)