Retrospective
Wildes Kino
Filme im Metro 1951–1999
10.12.2021–11.1.2022
Als ein »Lichtermeer von Flammen und eine Fülle von Farbenzauber« beschreibt der Lokalhistoriker Wilhelm Maximilian Kisch das Neue Elysium, wie es sich BesucherInnen auf ihrer »unterirdischen Wanderung durch die Welt« offenbart. Ein heute weitgehend unbekannter Traumort, der in den Kellerräumen der Johannesgasse 4 vor über 150 Jahren in exotische Ferne entführt und – auch mittels erster Projektionen – die Sinne betört.
Vielleicht nicht ganz zufällig beginnt die Ära des Metro-Kinos in der Hochblüte der Abenteuer- und Ausstattungsfilme mit einem Technicolor-Trip aus dem Hause Metro- Goldwyn-Mayer: KING SOLOMON’S MINES schickt sein Publikum ins (damals hätte man wohl gesagt: wilde) Afrika, in eine Welt voller Gefühle und Gefahren, weit weg von der Realität des Wiener Nachkriegsalltags. Knapp 1.000 Einträge umfasst die Liste an Filmen, die zwischen 1951 und 2002 die Metro-Leinwand zum Leuchten bringen.
Stewart Granger, Gene Kelly, Audrey Hepburn und James Dean kämpfen, tanzen, lieben und leiden – und liefern im Historischen Saal Stoff für Kinoerinnerung. Doch gilt es auch, mit Blick auf die Vergangenheit einiges nachzuholen, aufzuarbeiten, zu hinterfragen. Charlie Chaplin, Greta Garbo und Gary Cooper bereiten das eine, Willi Forst, Zarah Leander und Hans Albers das andere, Erwin Leiser mit seinem Dokumentarfilm EICHMANN UND DAS DRITTE REICH Letzteres. Anfang der 1960er-Jahre steigt nicht nur die Anzahl an Wiederaufführungen von Klassikern, zunehmend halten auch Kinderfilme Einzug ins Programm – Seite an Seite gezeigt mit Elaboraten der aufkeimenden Western- und Sexwelle. Gegen Ende der 1970er-Jahre befinden sich schließlich Werke aus der hohen Kunst des Filmemachens und des zeitgenössischen österreichischen Kinos auf dem Spielplan. Mit den ersten Programmkinos kann das Metro allerdings nicht mithalten und verschwindet so für längere Zeit aus dem Kalender des Publikums. Was bleibt, ist das architektonische und atmosphärische Alleinstellungsmerkmal.
Mit der Übernahme durch das Filmarchiv Austria 2002 und in einer zweiten Umbauphase 2015 erfahren sowohl Haus als auch Programm einen Relaunch. Es wird räumlich erweitert, das historische Innenleben von Architekt Gregor Eichinger an die Anforderungen des modernen Kinobetriebs angepasst. Der Schwerpunkt liegt nun in der Vermittlung österreichischer Filmkultur, das METRO wird zur Schnittstelle zwischen Geschichte und Gegenwart, Alt und Jung, die sich unter einem Dach zusammenfinden – um gemeinsam zu staunen. (Florian Widegger/Silvia Breuss)