Retrospective
Wolfgang Murnberger
Filme für das Publikum
2.12.2022–14.1.2023
Wolfgang Murnberger wird die Liebe zum bewegten Bild praktisch in die Wiege gelegt. Aufgewachsen in Wiesen im Burgenland, wo seine Eltern ein Landkino betreiben, lernt er all dessen Vorzüge in den 1960er- und 70er-Jahren hautnah kennen. Schon als Kind hilft er als Filmvorführer aus und bekommt Abenteuerfilme, Komödien, Western und natürlich auch unanständige Dinge auf der Leinwand mit. HIMMEL ODER HÖLLE – so lautet der Titel seines autobiografischen Langspielfilmdebüts 1990, mit dem er sein Studium auf der Wiener Filmakademie abschließt und in dem er seine Kindheit zwischen elterlichem Lichtspielhaus und Schlachtereibetrieb verarbeitet. Mit dem auf seinen eigenen Bundesheererfahrungen basierenden und sowohl bei Kritikern als auch beim Publikum gefeierten ICH GELOBE empfiehlt sich Murnberger vier Jahre später endgültig als eine der interessantesten neuen Stimmen im jungen österreichischen Film.
Es folgen einige überaus erfolgreiche Fernsehspiele, in denen er unter anderem Genre-Stoffe mit einer würzigen Prise Humor anreichert – und sich so als idealer Regisseur für die Ende der 1990er-Jahre erstmals erschienenen Krimi-Bestseller von Wolf Haas in Stellung bringt. KOMM, SÜSSER TOD erscheint 2000 und schlägt gleich ein wie eine Bombe: Das Blut rinnt, der Schmäh rennt. »Der Tod, das muss ein Wiener sein«, heißt es bei Georg Kreisler, und Murnberger liefert dafür den Beweis im Kino ab. Mit den nicht minder erfolgreichen Fortsetzungen SILENTIUM (2004), DER KNOCHENMANN (2009) und DAS EWIGE LEBEN (2015) erkundet er Österreich abseits seiner Hauptstadt. Rückblickend lässt sich wohl sagen, dass ein beträchtlicher Teil des seit einigen Jahren vorherrschenden Booms von Stadt- und Landkrimi-Reihen (für die Murnberger selbst inzwischen regelmäßig Folgen beisteuert) nicht zuletzt auch auf die Haas-Verfilmungen zurückzuführen ist.
»Genauigkeit und Seele« – dieses Motto Robert Musils passt auch auf Murnbergers Filme, von denen er mit beachtlicher Konsistenz mindestens zwei pro Jahr dreht. Daneben unterrichtet er seit 2013 Regie an der Filmakademie Wien. Etwas pathetisch könnte man sagen: Er lebt seine Arbeit. Und scheut dabei nicht davor zurück, sein Publikum, als dessen Komplize er sich beim Erzählen seiner Geschichten begreift, auch herauszufordern, zum Denken anzuregen, zu überraschen. Zahlreiche Beispiele dafür finden sich in der Auswahl dieser Retrospektive. (Florian Widegger)