Retrospective
Xaver Schwarzenberger
22.3.–6.4.2022
»Fernsehen wird gemacht, um gesehen zu werden.«
Xaver Schwarzenberger
Zielstrebigkeit ist nicht die schlechteste Eigenschaft im Filmgeschäft. Wer mit jenen Menschen spricht, die an einem Schwarzenberger-Set gearbeitet haben, hört immer wieder, welch hohes Maß an Disziplin, Konzentration und Effizienz dort vorherrschte. Wie sonst wäre dieses ungeheure Pensum zu bewältigen gewesen, das den Kameramann und Regisseur – meist in Personalunion – heute auf über 100 Filme zurückblicken lässt?
Schon als Jugendlichen zieht es Schwarzenberger in Richtung Film und Kamera, mit Anfang 20 ist er Assistent von Walter Kindler bei MOOS AUF DEN STEINEN und kommt kurz darauf beim ORF als Kameramann unter. Dort begegnet er Axel Corti, mit dem er mehrfach zusammenarbeitet, Fritz Lehner und Wolfgang Glück – es ist die Hochzeit des niveauvollen Fernsehspiels –, und schließlich Dieter Berner, dessen ALPENSAGA auch über die Landesgrenzen hinweg wahrgenommen wird. Einer der Bewunderer ist kein Geringerer als Rainer Werner Fassbinder, der, nachdem sein Weggefährte Michael Ballhaus Deutschland Richtung USA verlassen hat, auf der Suche nach einem neuen Kameramann ist und Schwarzenberger prompt engagiert. Gemeinsam realisieren sie in knapp zwei Jahren das Mammutprojekt BERLIN ALEXANDERPLATZ sowie vier Spielfilme.
Trotz dieser enormen Arbeitsleistung denkt Schwarzenberger bereits an neue Herausforderungen und bereitet sein eigenes Spielfilmdebüt vor. Es wird ein Film für den eben verstorbenen Fassbinder, Anknüpfungspunkte finden sich aber viel mehr in seinen vorherigen Arbeiten in Österreich. In den folgenden Jahren wechseln sich Aufträge als Kameramann und Regisseur ab, wobei er sowohl mit der Kunst (DAS MAL DES TODES von Peter Handke) als auch mit dem Kommerz (OTTO – DER FILM, bis heute der dritterfolgreichste deutsche Kinofilm) flirtet. Vor allem merkt Schwarzenberger dabei, dass er als Regisseur sein eigener Kameramann sein will, und umgekehrt.
Ab Mitte der 1990er dreht er 15 Jahre lang und häufig im Verbund mit seiner damaligen Ehefrau Ulrike als Drehbuchautorin zwei Filme jährlich für den ORF, darunter historische Biografien wie ANDREAS HOFER oder MARGARETE STEIFF, der Großstadtthriller DAS SIEGEL und Komödien-Kult wie SINGLE BELLS oder ZUCKEROMA. Wie kaum ein anderer Regisseur steht Xaver Schwarzenberger für anspruchsvolle, gut gemachte, bürgerliche Unterhaltung, die mehr als einmal auch auf der großen Leinwand zum Einsatz kommt. Ob dort oder im Patschenkino – die Qualität seiner Filme ist trotz des hohen Outputs unbestritten. Nicht zufällig begeistern sie bis heute ihr Publikum. (Florian Widegger)