➜ edit sg_02ziceYKJ9guHSGouavIhr
Retrospektive
Rebranding Austria

Die Neuerfindung Österreichs im Kino 1945–1955

Einige zwischen 1945 und 1955 entstandene Filme haben Zeitgeschichte beziehungsweise das, was man in dieser Zeit als Geschichte sah, in lange kaum befragte filmische Erinnerungsräume transformiert. Heute sind die meisten dieser Filme als Negative der Verhältnisse zu lesen – Wirklichkeit wird vor allem in dem sichtbar, was sie aus- und überblenden. Die Retrospektive Rebranding Austria zeigt Wunschprojektionen und Wirklichkeitskonstruktionen des Kinos der unmittelbaren Nachkriegsjahre und wirft einen frischen Blick auf jene Bilder, die eigentlich für die Generation der »Stunde Null« geschaffen wurden.

Das Österreich-Kino:
Selbst- und Fremdbilder im Nachkriegsfilm

1945 bedeutete auf den ersten Blick auch für das österreichische Kino einen vollständigen Neustart. Die Kriegsverheerungen haben eine äußere und auch innere Trümmerlandschaft hinterlassen. Eben war man noch Teil eines verheißungsvollen 1.000-jährigen Reichs, eingebettet in eine fortwährende Expansionserzählung. Im Mai 1945 aber dann der Filmriss, keine Wochenschaubilder mehr mit der triumphalen Signation, viele geschlossene und auch zerstörte Kinos. Und draußen auf den Straßen der Kampf ums tägliche Überleben. Woran sollte man noch glauben, was konnte, was wollte man noch erzählen? Gefragt war nun ein Blick nach vorne, die Beschwörung einer Zukunft, die den Ausgleich mit der Geschichte suchte, um die Gegenwart zu legitimieren. In der Stunde Null stimmte man jedenfalls bald darin überein: Mit Österreich, das nun wieder aufzubauen wäre, war nicht das Ermordete, das Vertriebene, sondern das Übriggebliebene gemeint, Ruinen und Restbestände, zerstörte Oberflächen, die vor allem auch über das Kino wiederherzustellen wären.

Zunächst aber war das österreichische Kino arm an Produktionsmitteln und potenten Akteuren. An der Kante zwischen dem Weltkriegsende und dem beginnenden Wiederaufbau 1945 herrschte ein Vakuum der Deutungshoheit. Von einer staatlichen oder gar nationalen Filmpolitik war noch keine Rede. Und so zeigten sich die unter prekären Bedingungen entstandenen ersten österreichischen Nachkriegsfilme offen für Wirklichkeitseinblendungen.

In der Historien-Collage STURMJAHRE (1947) etwa wird mit Archivmaterial ein erster, von Pathos getragener Versuch unternommen, die jüngste Geschichte zu deuten. Der von den Nazis nach Fälschung eines Ariernachweises kaltgestellte Johann Alexander Hübler-Kahla inszeniert mit DIE WELT DREHT SICH VERKEHRT (1947) ein surrealistisches und doch in der Zeit stehendes Geschichtspanorama. Im ersten österreichischen Nachkriegsfilm GLAUBE AN MICH (1946) rückt die Authentizität des Mangels ins Bild, und in HOFRAT GEIGER (1947), dem prototypischen Nachkriegsheimatfilm, interveniert die unmittelbare Vergangenheit immerhin beiläufig in den zum Eskapismus tendierenden Bilderfluss.

Schon 1946 forderte der Wiener Kulturstadtrat Viktor Matejka, einen neuen österreichischen Film für ein neues Österreich zu schaffen; Ziele und Richtungen schienen aber noch unklar. Erst Anfang der 1950er-Jahre entstand dann die konkrete Idee für einen großen Österreich-Film. Die von der Bundesregierung beauftragte Produktion 1. APRIL 2000 (1952) sollte ein – als Science-Fiction-Komödie verkleidetes – Plädoyer für die Unabhängigkeit Österreichs werden. Um der mit einem Ufo vor dem Schloss Schönbrunn landenden Weltschutzkommission seine Unschuld zu beweisen, bot das Land all seine Assets auf. Von Mozart über Maria Theresia, den Bergen bis zum Wiener Wein wurde das »Österreichische« schlechthin vorgeführt. Statt Revolutionen setzt es monumentale Trachtenparaden, das historische Bewusstsein löst sich in Heurigenseligkeit auf.

Ähnliche Antriebskräfte, allerdings mit amerikanischem Spin versehen, stecken hinter DIE STIMME ÖSTERREICHS (1953). Dieses vom United States Information Service finanzierte bemerkenswerte Dokument österreichischer Gedächtnisgeschichte wirkt wie eine Weitererzählung des kinematographischen April-Scherzes der österreichischen Bundesregierung. Die Richtung des Films ist aber noch klarer bestimmt: Der Blick in die Vergangenheit begründet den Anspruch, Österreich in der westlichen Hemisphäre zu verorten, mit den Vereinigten Staaten als Schutzmacht. Richtung USA bricht Josef Meinrad dann in PEPI COLUMBUS (1954) auf, um die Kultur und amerikanische Lebensart aus erster Hand zu erfahren.

Spätestens mit der Erlangung des Staatsvertrages ist das politische Ringen um Österreich aber entschieden. Und das Kino knüpft wieder dort an, wo man die Heimat wähnt. Ab den 1950er-Jahren breitete sich der Bilderhorizont österreichischer Klischee-Produktionen erfolgreicher denn je auch auf dem deutschen Markt aus. Referenzbilder fand man in der Kaiserzeit und in den Bergen. Damit ließ sich eine stabile Identitätskulisse errichten, innerhalb der sich Fremdbilder zusehends in Selbstbilder verwandelten. In den flächendeckend wiedereröffneten Kinos erstrahlte ein kinematographisches Historyland, das problemlos auch geklitterte und jedenfalls mehrheitsfähige Geschichtsbilder aufnehmen konnte.

Kurator: Ernst Kieninger

Fr, 02. Mai - Mo, 02. Juni
Fr, 02.5., 18:30
Rebranding Austria
1. April 2000
Österreich als wein- und walzerseeligen Operettenstaat mit glanzvoller Geschichte zu präsentieren – nichts anderes stand den Auftraggebern, immerhin die damalige Bundesregierung unter ÖVP-Führung, im Sinne, als sie grünes Licht für diesen Film geben. Im Gewande einer heiteren Dystopie führt Wolfgang Liebeneiner, einst Goebbelsʼ Liebkind, das Publikum zurück in die Zukunft: Das Land ist im Jahr 2000 noch immer unter den Alliierten aufgeteilt, doch der neue Ministerpräsident erklärt es kurzerhand
So, 04.5., 18:00
Rebranding Austria
Die Welt dreht sich verkehrt
Eine österreichische Verfremdung. In einer absolut künstlichen Studiowelt wird die Geschichte des Landes zur eskapistischen Traumkulisse zurechtgefilmt. Die Geschichtsverklärung erfährt ihre Zuspitzung in der Figur Franz Xaver Pomeisl (Hans Moser). Pomeisls Grundhaltung ist der Weltschmerz, nach ein paar Vierteln scheinen ihm selbst vergangene Kriege noch besser als das bombenzerstörte Wien des Jahres 1946. Mosers tour d’horizon geht mit zahlreichen Rollenwechseln einher. Bereits in der ersten E
Mo, 05.5., 18:00
Rebranding Austria
Die Stimme Österreichs
DIE STIMME ÖSTERREICHS ist ein Durchhaltefilm des Kalten Kriegs im besetzten Österreich, von den Amerikanern beauftragt, um sich als wahre Schutzmacht über das Land zu präsentieren, die das identitätsstiftende Erbe rettet, Industrie und Kultur fördert und die Menschen vor körperlichem wie geistigem Hunger rettet. Der Vorfilm unterstreicht das Anliegen und zeigt, wie bekannte Gebäude, Wohnungen und Straßen im Land wiederaufgebaut werden. (Florian Widegger)
Mi, 07.5., 19:00
Rebranding Austria
Rendezvous im Salzkammergut
Sommerzeit ist Urlaubszeit. Auch die beiden Sekretärinnen Fritzi und Gretl freuen sich auf Erholung in St. Gilgen, verspielen aber einen Großteil ihres Reisegeldes auf der Rennbahn. So machen sie sich getrennt voneinander per Anhalter auf den Weg. Während eine mitten in ein Verwechslungsszenario schlittert, erlebt auch die andere so manche Überraschung … In der sorglosen Komödie zeigen sich Land und Leute von ihrer besten, beschwingtesten Seite. (Florian Widegger)
Do, 08.5., 20:00
Rebranding Austria
1. April 2000
Österreich als wein- und walzerseeligen Operettenstaat mit glanzvoller Geschichte zu präsentieren – nichts anderes stand den Auftraggebern, immerhin die damalige Bundesregierung unter ÖVP-Führung, im Sinne, als sie grünes Licht für diesen Film geben. Im Gewande einer heiteren Dystopie führt Wolfgang Liebeneiner, einst Goebbelsʼ Liebkind, das Publikum zurück in die Zukunft: Das Land ist im Jahr 2000 noch immer unter den Alliierten aufgeteilt, doch der neue Ministerpräsident erklärt es kurzerhand
Sa, 10.5., 18:00
Rebranding Austria
Glaube an mich
GLAUBE AN MICH ist die erste nach dem Krieg in Österreich begonnene Produktion, wurde aber erst als zweite fertig: von Cziffra, Routinier in Sachen unproblematischer Unterhaltung, schickt darin ein verlobtes Pärchen in den Skiurlaub nach Tirol – wo der eifersüchtige Mann seine Zukünftige auf die Probe stellt – mit ungeahnten Folgen … Zuvor erlebt ein Ehepaar das Wunder des Recyclings alter Textilien zu wärmenden Wolldecken in einem Wiener Betrieb. (Florian Widegger)
So, 11.5., 18:00
Rebranding Austria
Der Hofrat Geiger
DER HOFRAT GEIGER zählte zu den wirtschaftlich erfolgreichsten österreichischen Nachkriegsfilmen und hat das Heimatfilmgenre prototypisch positioniert. Im Unterschied zu den später nur noch als Fremdenverkehrskulisse aufgezogenen Österreich-Bildern bleibt diese Produktion in Momenten noch durchlässig für Wirklichkeitseinblendungen. »Dieser Film spielt im heutigen Österreich, das arm ist und voller Sorgen«, heißt es im Vorspann, »doch – haben Sie keine Angst – davon zeigt er Ihnen wenig.« In dies
Mo, 12.5., 18:00
Rebranding Austria
Die Stimme Österreichs
DIE STIMME ÖSTERREICHS ist ein Durchhaltefilm des Kalten Kriegs im besetzten Österreich, von den Amerikanern beauftragt, um sich als wahre Schutzmacht über das Land zu präsentieren, die das identitätsstiftende Erbe rettet, Industrie und Kultur fördert und die Menschen vor körperlichem wie geistigem Hunger rettet. Der Vorfilm unterstreicht das Anliegen und zeigt, wie bekannte Gebäude, Wohnungen und Straßen im Land wiederaufgebaut werden. (Florian Widegger)
Mi, 14.5., 19:00
Rebranding Austria
Sturmjahre - Der Leidensweg Österreiches
Glaubt an dieses Österreich! STURMJAHRE visualisiert den politischen Imperativ des Jahres 1945 in einer mit Pathos vorgetragenen Erzählung über die jüngere Vergangenheit. In dieser mit vielen Archivbildern montierten Collage versammeln sich schon alle Mythen, die auf längere Sicht die Geschichte, die Österreich von sich selbst entworfen hatte, bestimmen sollten. Visuelle Folklore, die sich in den kommenden Jahren zur Lebenslüge dieses Landes verfestigen wird. (Ernst Kieninger)
Fr, 16.5., 18:30
Rebranding Austria
Pepi Columbus
Auf Einladung des US Information Service bereist Publikumsliebling Josef Meinrad quasi als Columbus des 20. Jahrhunderts Amerika, wo er Theater und Schauplätze von Stücken besucht und über die amerikanische Lebensart und Kultur lernen will, die sich – aus heutiger Sicht überraschend – als recht theateraffin herausstellt. Zum Auftakt bereist Mozart als Puppenfigur mit dem Salzburger Marionettentheater das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. (Florian Widegger)
Sa, 17.5., 18:00
Rebranding Austria
Die Welt dreht sich verkehrt
Eine österreichische Verfremdung. In einer absolut künstlichen Studiowelt wird die Geschichte des Landes zur eskapistischen Traumkulisse zurechtgefilmt. Die Geschichtsverklärung erfährt ihre Zuspitzung in der Figur Franz Xaver Pomeisl (Hans Moser). Pomeisls Grundhaltung ist der Weltschmerz, nach ein paar Vierteln scheinen ihm selbst vergangene Kriege noch besser als das bombenzerstörte Wien des Jahres 1946. Mosers tour d’horizon geht mit zahlreichen Rollenwechseln einher. Bereits in der ersten E
Mo, 19.5., 18:00
Rebranding Austria
Glaube an mich
GLAUBE AN MICH ist die erste nach dem Krieg in Österreich begonnene Produktion, wurde aber erst als zweite fertig: von Cziffra, Routinier in Sachen unproblematischer Unterhaltung, schickt darin ein verlobtes Pärchen in den Skiurlaub nach Tirol – wo der eifersüchtige Mann seine Zukünftige auf die Probe stellt – mit ungeahnten Folgen … Zuvor erlebt ein Ehepaar das Wunder des Recyclings alter Textilien zu wärmenden Wolldecken in einem Wiener Betrieb. (Florian Widegger)
Do, 22.5., 18:00
Rebranding Austria
Rendezvous im Salzkammergut
Sommerzeit ist Urlaubszeit. Auch die beiden Sekretärinnen Fritzi und Gretl freuen sich auf Erholung in St. Gilgen, verspielen aber einen Großteil ihres Reisegeldes auf der Rennbahn. So machen sie sich getrennt voneinander per Anhalter auf den Weg. Während eine mitten in ein Verwechslungsszenario schlittert, erlebt auch die andere so manche Überraschung … In der sorglosen Komödie zeigen sich Land und Leute von ihrer besten, beschwingtesten Seite. (Florian Widegger)
Sa, 24.5., 18:00
Rebranding Austria
Der Hofrat Geiger
DER HOFRAT GEIGER zählte zu den wirtschaftlich erfolgreichsten österreichischen Nachkriegsfilmen und hat das Heimatfilmgenre prototypisch positioniert. Im Unterschied zu den später nur noch als Fremdenverkehrskulisse aufgezogenen Österreich-Bildern bleibt diese Produktion in Momenten noch durchlässig für Wirklichkeitseinblendungen. »Dieser Film spielt im heutigen Österreich, das arm ist und voller Sorgen«, heißt es im Vorspann, »doch – haben Sie keine Angst – davon zeigt er Ihnen wenig.« In dies
So, 25.5., 18:00
Rebranding Austria
Pepi Columbus
Auf Einladung des US Information Service bereist Publikumsliebling Josef Meinrad quasi als Columbus des 20. Jahrhunderts Amerika, wo er Theater und Schauplätze von Stücken besucht und über die amerikanische Lebensart und Kultur lernen will, die sich – aus heutiger Sicht überraschend – als recht theateraffin herausstellt. Zum Auftakt bereist Mozart als Puppenfigur mit dem Salzburger Marionettentheater das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. (Florian Widegger)
Mo, 02.6., 19:00
Rebranding Austria
Sturmjahre - Der Leidensweg Österreiches
Glaubt an dieses Österreich! STURMJAHRE visualisiert den politischen Imperativ des Jahres 1945 in einer mit Pathos vorgetragenen Erzählung über die jüngere Vergangenheit. In dieser mit vielen Archivbildern montierten Collage versammeln sich schon alle Mythen, die auf längere Sicht die Geschichte, die Österreich von sich selbst entworfen hatte, bestimmen sollten. Visuelle Folklore, die sich in den kommenden Jahren zur Lebenslüge dieses Landes verfestigen wird. (Ernst Kieninger)